Belegarztleistungen in einem Krankenhaus
Umsatzsteuer
Heilbehandlungen von Ärztinnen und Ärzten sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 Umsatzsteuergesetz/UStG steuerfrei. Ebenso sind Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen im Rahmen einer stationären Behandlung umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 14 Buchst.b UStG).
Der Fall
Streitig war, ob ein Teil der von einer Ärztin im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie in einem Krankenhaus durchgeführten Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit waren. Das Finanzamt lehnte ab. Nach Auffassung der Finanzverwaltung lagen die Voraussetzungen für begünstigte Krankenhausleistungen nicht vor.
Heilbehandlungen unabhängig vom Ort steuerfrei
Der BFH hat in einem Urteil klargesellt, dass Heilbehandlungsleistungen von Ärztinnen und Ärzten immer umsatzsteuerfrei sind, und zwar unabhängig davon, ob diese durch eine GmbH erbracht werden und unabhängig davon, wo die Heilbehandlungsleistungen durchgeführt werden. Werden die Leistungen in einem Krankenhaus durchgeführt, greift die Steuerbefreiung unabhängig davon, ob auch die Voraussetzung für eine steuerfreie Krankenhausbehandlung vorliegen (BFH, Urteil vom 19.12.2024, V R 10/22).
Fitnessstudio
Außergewöhnliche Belastung
Der Steuergesetzgeber berücksichtigt sogenannte außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer, sofern diese Belastungen über das Zumutbare hinausgehen und der bzw. dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen (§ 33 Einkommensteuergesetz/EStG).
Funktionstraining in einem Fitnessstudio
An einer solchen Zwangsläufigkeit fehlt es bei Mitgliedschaftsbeiträgen für ein Fitnessstudio. Diese gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs/BFH auch dann, wenn die Mitgliedschaft zur Teilnahme an einem dort angebotenen ärztlich verordneten Funktionstraining erforderlich ist (Urteil vom 21.11.2024, VI R 1/23). Im Streitfall wurde einer Steuerpflichtigen zur Behandlung von Bewegungseinschränkungen sowie zur Schmerzreduktion ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet. Der BFH begründete seine Ansicht u. a. damit, dass Angebote von Fitnessstudios nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen werden. Bei den Mitgliedsbeiträgen würde es sich um Kosten für vorbeugende oder der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen handeln.
Werbeaktionen für Arzneimittel
Arzneimittelwerbung
Werbeaktionen für unbestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel in Form von Preisnachlässen oder zur Zahlung eines genauen Betrages sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 27.2.2025, C-517/23) erlaubt. Es ging dabei um die Anwendung der EU-Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Geklagt hatte eine niederländische Online-Versandapotheke. Das Unternehmen hatte seinen Kundinnen und Kunden neben Preisnachlässen auch Prämien versprochen (Beträge zwischen € 2,50 und € 20,00). Außerdem warb das Unternehmen mit Gutscheinen für Bestellungen weiterer Produkte. Die Apothekerkammer Nordrhein ging dagegen gerichtlich vor.
Unbestimmte Höhe der Prämien
Der EuGH erlaubt es den Mitgliedstaaten wie Deutschland aber auch, bestimmte Werbeaktionen für den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu untersagen, bei denen die Höhe der Prämie für den Verbraucherinnen und Verbraucher nicht im Vorhinein ersichtlich ist. Ein solches Verbot soll dazu dienen, dass die Verbraucher die Höhe der Prämie nicht überschätzen. Deutschland hat solche Werbeaktionen untersagt.
Gutscheine
Der EuGH sieht die Ausgabe von Gutscheinen für nachfolgende Bestellungen nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel sowie für den Bezug von Gesundheits- und Pflegeprodukten als richtlinienkonform an. Der EuGH hat aber auch betont, dass nationale Verbote für solche Werbeaktionen der Richtline nicht entgegenstehen. Daher können sich EU-Unternehmen nicht auf die Richtlinie berufen, wenn das nationale Recht bestimmte Werbeaktionen untersagt.
Organisatorische Tätigkeiten eines Arztes
Organisationstätigkeiten
Ärztinnen und Ärzten, die Mitgesellschafter einer Ärzte-Partnerschaftsgesellschaft sind und überwiegend Organisationstätigkeiten und administrative Leistungen für die Gesellschaft erbringen, sind einkommensteuerlich als auch umsatzsteuerlich als Ärztinnen und Ärzte zu betrachten. Die Organisationstätigkeiten führen weder zu einer anderen Einkünftequalifizierung (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) noch wird eine Ärzte-Partnerschaftsgesellschaft dadurch umsatzsteuerpflichtig.
Ärztliche Praxisgemeinschaft
Der Bundesfinanzhof/BFH hat in dem Beschluss vom 4.9.2024, XI R 37/21 einer ärztlichen Praxisgemeinschaft Umsatzsteuerfreiheit zuerkannt. Im Streitfall hatten zwei Ärzte eine Praxisgemeinschaft zur gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen, des Mobiliars und des Personals errichtet. Die Kosten wurden aufgeteilt. Die Geschäftsführung der Praxisgemeinschaft erfolgte durch einen Arzt alleine. Das zuständige Finanzamt war der Auffassung, dass die Geschäftsführungstätigkeit des Arztes zu umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistung der Praxisgemeinschaft an ihre Gemeinschafter führen würde. Der BFH verneinte dies jedoch.
Organisationstätigkeit eines Zahnarztes
In dem Verfahren vom 4.2.2025, VIII R 4/22 hat der BFH zu einer aus Zahnärzten bestehenden Partnerschaftsgesellschaft die Auffassung vertreten, dass eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit auch anzunehmen ist, „wenn ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer im Rahmen eines größeren Zusammenschlusses von Berufsträgern neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Gesellschaft erbringt“. Ergebnis der Entscheidung ist, dass die Zahnarzt-Partnerschaftsgesellschaft keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, wie vom Finanzamt ursprünglich angenommen worden ist.
Fazit
Die kaufmännische Führung und Organisation bildet nach BFH-Auffassung die „Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen (zahn)ärztlichen Leistungen“ und ist damit auch „Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit“(Urteilsbegründung BFH VIII R 4/22). Auch überwiegend organisatorisch tätige Ärztinnen und Ärzte beziehen daher umsatzsteuerfreie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.
Umsatzsteuerpflicht von Privatkrankenhäusern
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie
Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) befreit Krankenhausbehandlungen sowie ärztliche Heilbehandlungen und alle damit eng verbundenen Umsätze der öffentlich-rechtlichen Krankenhäuser, aber auch solche Behandlungsleistungen, wenn sie von anderen anerkannten Einrichtungen (Privatkrankenhäuser) in gleicher Art durchgeführt bzw. bewirkt werden. Auf diese Rechtsgrundlage berufen sich gerne die privaten Privatkrankenhausbetriebe, in vielen Fällen allerdings ohne Erfolg. Denn in den meisten Fällen fehlt es an der Voraussetzung „gleicher Art“.
Höhere Vergütung
Das Niedersächsische Finanzgericht/FG hat in einem Fall (Urteil vom 15.1.2025, 5 K 256/17) die Klage einer Privatklinik abgewiesen, da diese keine in sozialer Hinsicht mit öffentlichen Krankenhäusern vergleichbare Leistungen erbracht hatte. Das Gericht ging bei dem Vergleich nicht von Art und Umfang der Heilbehandlungsleistungen aus, sondern von der Höhe der Vergütung. Werden für Krankenhausleistungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG höhere Entgelte verlangt, als nach den Regelungen des KHEntgG und des KHG für öffentliche Krankenhäuser üblich, kann sich das betreffende Privatkrankenhaus nach Auffassung der Richter nicht auf die Umsatzsteuerfreihet nach der MwStSystRL berufen. Im Streitfall stand der Vergleichbarkeit insbesondere entgegen, dass der Krankenhausbetrieb entgegen den Regelungen des KHEntgG und des KHG nach sog. tagesgleichen von der Verweildauer der Patienten im Krankenhaus abhängigen Pflegesätzen und nicht nach den DRG-Fallpauschalen abgerechnet hat.
Revision zugelassen
Das FG hat die Revision vor dem BFH zugelassen. Ein Aktenzeichen für das Revisionsverfahren ist derzeit nicht bekannt.
Zweite Leichenschau
Ärztin bei zweiter Leichenschau
Eine Ärztin hatte für eine kreisfreie Gemeinde die Tätigkeit als zweite Leichenbeschauerin im wöchentlichen Wechsel mit anderen Ärztinnen und Ärzten übernommen. Die Rentenversicherung stellte Versicherungspflicht fest. Begründung: Die Ärztin sei abhängig beschäftigt.
LSG-Urteil
Das Landessozialgericht/LSG Baden-Württemberg wies die Klage des Rentenversicherungsträgers ab und stellte eine selbstständige Tätigkeit fest (Urteil vom 22.1.2025, L 5 BA 1266/24). Begründung: Bei der zweiten Leichenschau handelt es sich um einen Hoheitsakt. Die Ärztin handelt hier aufgrund behördlicher Ermächtigung, übt also keine Hilfstätigkeiten im Auftrag der Gemeinde, sondern eigene Hoheitsmacht aus. Sie stellt im eigenen Namen die Urkunde über die durchgeführte Leichenschau aus und handelt nicht bloß im Namen des städtischen Gesundheitsamtes. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie eine Eingliederung in den Gemeindebetrieb oder ein Weisungsrecht der Gemeinde hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Leistung waren nicht ersichtlich. Die Tätigkeit unterlag daher nicht der Sozialversicherungspflicht.
Degressive Abschreibung
Investitions-Booster
Die neue Bundesregierung hat vor kurzem ihren 146-seitigen Koalitionsvertrag vorgestellt. Unter dem Punkt 2. „Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, leistungsfähiger Staat“ stellt die neue Regierung „einen Investitions-Booster in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 % in den Jahren 2025, 2026 und 2027“ in Aussicht.
Degressive Abschreibung
Ärztinnen und Ärzte können ihr Praxisinventar abschreiben, indem sie einmal die Nutzungsdauer durch die Anschaffungskosten teilen (sogenannte lineare Abschreibung) oder einen bestimmten Prozentsatz vom jeweiligen Anschaffungs- bzw. Restwert abschreiben (degressive Abschreibung). Dieser Prozentsatz soll nach den Plänen der neuen Regierung 30 % betragen.
Welche Methode ist die günstigere?
Die degressive Abschreibung führt im Investitionszeitpunkt zu höheren Abschreibungen und damit niedrigeren Einkommensteuern. Doch nach dem ersten Jahr nimmt die degressive Abschreibung ab, weil der Abschreibesatz von einem sich stetig mindernden Restwert errechnet wird. Das Abschreibungsvolumen bleibt bei der degressiven Abschreibung gegenüber der linearen Abschreibung stets gleich.