(N) Pflegebonusgesetz verabschiedet
Corona-Pflegebonus
Der Bundesrat hat am 10.6.2022 das Pflegebonusgesetz verabschiedet (BGBl 2022 I vom 29.6.2022, Seite 938). Zu den wesentlichen Inhalten zählt der beschlossene Corona-Pflegebonus, den Betreiber von zugelassenen Pflege- und Langzeitpflegeeinrichtungen an ihre Mitarbeiter zahlen müssen (§ 150a Elftes Buch Sozialgesetzbuch SGB XI). Der Pflegebonus ist ab dem 1. Juli, spätestens jedoch bis zum 31.12.2022, an die Beschäftigten auszuzahlen.
Anspruchsberechtigte, Anspruchshöhe
Anspruchsberechtigt sind Pflegefach- und Pflegehilfskräfte, Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter, Betreuungskräfte, Assistenzkräfte und Präsenzkräfte sowie Beschäftigte in der hauswirtschaftlichen Versorgung. Diese müssen in der Zeit vom 1.11.2020 bis zum 30.6.2022 für mindestens drei Monate tätig gewesen und am 30.6.2022 noch in der Pflege tätig sein. Der Bonus ist nach unterschiedlichen Kriterien gestaffelt. Den höchsten Bonusbetrag von € 550,00 erhalten Vollzeitpflege-kräfte in der direkten Pflege und Betreuung. Einen Bonus von € 370,00 erhalten alle weiteren Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen, u. a. Verwaltungskräfte, Beschäftigte in der Küche, Gartenpflege, Wäscherei usw. Alle sonstigen Beschäftigten haben Anspruch auf € 190,00 und alle Freiwilligen können sich auf € 60,00 Bonus freuen.
Erstattung durch Pflegeversicherung
Auszahlungspflichtige Arbeitgeber erhalten die für die Bonuszahlungen erforderlichen Aufwendungen von der sozialen Pflegeversicherung bis spätestens 1.10.2022 ausgezahlt. Zur Sicherstellung einer tatsächlichen Auszahlung haben die Pflegeeinrichtungen und Arbeitgeber den Pflegekassen die tatsächliche Auszahlung bis zum 15.2.2023 mitzuteilen.
Steuerpflicht
Der gesetzliche Pflegebonus ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Arbeitgeber können zusätzlich freiwillige Leistungen über den Corona-Pflegebonus hinaus erbringen. Begünstigt sind auch freiwillige Leistungen aufgrund von Tarifverträgen. Der steuerfreie Höchstbetrag beträgt € 4.500,00.
Stand: 4.8.2022
(N) EuGH-Urteil zur Umsatzsteuerpflicht
Umsatzsteuerpflicht
Gemäß nationalem Umsatzsteuerrecht (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Umsatzsteuergesetz/UStG) sind Krankenhausbehandlungen unter der Voraussetzung umsatzsteuerfrei, dass es sich bei dem Krankenhaus um eine Einrichtung öffentlichen Rechts handelt oder in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft steht oder eine Privatklinik die Zulassung gemäß § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besitzt. Andere Privatkliniken, die nicht über entsprechende Merkmale verfügen, unterliegen der Umsatzsteuer. Der Europäische Gerichtshof/EuGH hat diese Ungleichbehandlung jetzt gekippt.
EuGH-Urteil
Im Urteil vom 7.4.2022 (C‑228/20) sah der EuGH die genannte nationale Regelung als nicht mit EU-Recht (Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) vereinbar an. Die nationalen Bedingungen führen zu einer Benachteiligung privater Krankenhäuser, die gleichartige Leistungen wie die öffentlichen Einrichtungen erbringen. Der EuGH hält es aber mit EU-Recht vereinbar, wenn die Umsatzsteuerpflicht an bestimmte andere Indikatoren, wie u. a. der Leistungsfähigkeit eines privaten Krankenhauses in Sachen Personal, Räumlichkeiten und Ausstattung sowie der Wirtschaftlichkeit, geknüpft wird. Dabei soll das Ziel verfolgt werden, mit diesen Bedingungen und Indikatoren die Kosten zu optimieren und den Einzelnen eine qualitativ hochwertige Behandlung zugänglicher zu machen. Privatkliniken, die mangels SGB-Zulassung der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, können sich auf das genannte Urteil berufen.
Stand: 4.8.2022
(S) Kindergeld bei Arztausbildung
Kindergeld
Ein Anspruch auf Kindergeld besteht für Kinder im Regelfall bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Kindergeld wird darüber hinaus bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird bzw. weitere im Gesetz genannten Gründe vorliegen (§ 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz/EStG). Das Kindergeld beträgt monatlich für das erste und zweite Kind € 219,00, für das dritte Kind € 225,00 und für das vierte und jedes weitere Kind € 250,00.
Facharztweiterbildung
Im Streitfall, den das Niedersächsische Finanzgericht/FG zu entscheiden hatte, ging es um die Frage, ob eine Facharztweiterbildung eine Berufsausbildung darstellt. Das FG hat mit Urteil vom 17.11.2021 (Az. 9 K 114/21) den Anspruch auf Kindergeld für die Eltern einer sich in Weiterbildung befindlichen Ärztin verneint. Die Facharztweiterbildung stellt keinen Teil einer einheitlichen Berufsausbildung des Kindes dar, da die Weiterbildung nur Nebensache ist, so die Urteilsbegründung.
Revision
Gegen das Urteil des FG wurde Revision eingelegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) muss in dem anhängigen Verfahren III R 40/21 u. a. klären, ob für die Kindergeldzahlungen ein Kind, welches eine (Hochschul-)Ausbildung zum Arzt absolviert, nur bis zum Bestehen der ärztlichen Prüfung berücksichtigt werden kann. Die Antwort hierauf dürfte im Wesentlichen davon abhängen, ob zwischen einem Medizinstudium und der Facharztausbildung ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Stand: 4.8.2022
(N) Gewerbebetrieb bei Arztpraxis
Sachverhalt
Diverse Zahnärzte schlossen sich zu einer Gemeinschaftspraxis zusammen. Die Arbeitsteilung erfolgte dergestalt, dass einer der Ärzte fast ausschließlich die administrativen Arbeiten übernahm, wie Organisation, Verwaltung und Marketing usw. Dem Betriebsprüfer ist das aufgefallen, da dem betreffenden Arzt aus den Umsatzerlösen von rund € 3,5 Mio. nur ein Minianteil von ca. € 900,00 verblieb. Das Finanzamt sah in der Person des betreffenden Seniorpartners die Merkmale einer selbstständigen Arbeit als Arzt nicht erfüllt. Denn bei einer Ärzte-Partnerschaft schuldet jeder Arzt eine höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten. Letzteres bedingt, dass jeder Arzt einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen muss. Da dies bei dem betreffenden Seniorpartner nicht zutraf, stufte das Finanzamt die Einkünfte der gesamten Ärzte-Partnerschaft als gewerbliche Einkünfte ein.
Vermeidungsstrategien
Letztlich lässt sich die gewerbliche Infizierung einer Arztpraxis und damit die drohende Gewerbesteuer nur dadurch verhindern, dass dem Erfordernis der Erfüllung der Merkmale für die Ausübung eines freien Berufs durch alle Gesellschafter Rechnung getragen wird. Als unschädlich sah das Gericht u. a. an, wenn ein Arzt z. B. in Routinefällen die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführt oder die Behandlungsmethode festlegt oder sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehält bzw. die Erbringung der eigentlichen ärztlichen Behandlungsleistung an angestellte Ärzte delegiert. Auf alle Fälle muss sich aber jeder Gesellschafter (= Arzt) kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der „Teamarbeit“ im arzttypischen Heilbereich beteiligen. Als schädliche Arbeitsteilung sah das Gericht – wie im Streitfall – die Tatsache an, dass ein Arzt nahezu nur kaufmännische Leitungs- oder sonstige Managementaufgaben übernimmt. Dieser ist dann nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. Er infiziert damit die gesamte Partnerschaftsgesellschaft, welche zum Gewerbebetrieb wird (maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz/EStG).
Revision
Gegen dieses Urteil ist vor dem Bundesfinanzhof ein Revisionsverfahren anhängig (Az. beim BFH: VIII R 4/22). Betroffene Ärzte-Partnerschaftsgesellschaften können sich auf dieses Verfahren in ähnlich gelagerten Fällen einer gewerblichen Infizierung berufen.
Stand: 4.8.2022
(S) Praxiskauf mit Vertragsarztzulassung
Praxiskauf
Ärztinnen und Ärzte übernehmen mit Übernahme einer bestehenden Praxis in vielen Fällen auch die bestehende Vertragsarztzulassung. Letztere stellt einen ideellen immateriellen Wert der Praxis dar, der vielfach neben der Praxiseinrichtung den größeren Anteil am Kaufpreis ausmacht.
Abschreibung
Eine steuermindernde Geltendmachung von Aufwendungen für den ideellen immateriellen Praxiswert scheitert jedoch im Regelfall daran, dass die Finanzverwaltung eine Vertragsarztzulassung als nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut ansieht, welches nicht abgeschrieben werden kann. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs/BFH hat diese Auffassung zwischenzeitlich bestätigt.
BFH-Rechtsprechung
Der BFH hat mit Urteil vom 21.2.2017 (VIII R 24/16) den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung als selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut angesehen, das weder abnutzt- noch abschreibbar ist. Dem vom klagenden Arzt vorgebrachten Argument, dass sich die Vertragsarztzulassung untrennbar mit einem originär geschaffenen Praxiswert vereinige und die Aufwendungen zum Erwerb des Vorteils deshalb als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zur Erhöhung des Praxiswerts der Gesellschaft zu behandeln sind, folgte der BFH nicht. Ein Auseinanderfallen von Abrechnungsberechtigung einer Ärzte-GBR und der Zulassungsinhaberschaft jedes einzelnen Arztes führt nicht dazu, dass kein selbständiges Wirtschaftsgut vorliegt.
Fazit
Der nicht abschreibbare immaterielle Teil des Kaufpreises für die Praxis sollte im Interesse eines niedrigen steuerpflichtigen Gewinns möglichst niedrig gehalten werden. Aufwendungen für die Praxiseinrichtung und/oder für den Gebäudeerwerb sind hingegen abschreibbar und mindern den künftigen steuerpflichtigen Gewinn.
Stand: 4.8.2022
(N) Vermietung von Arztpraxen
Betriebsvermögen
Von einem Apotheker an Ärztinnen und Ärzte vermietete Praxisräume gehören regelmäßig zum Betriebsvermögen des Apothekers. Die Mieteinkünfte stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Letzteres musste ein Apotheker erfahren, der Praxisräume an Ärzte vermietet hatte. Das Finanzgericht/FG Nürnberg (Urteil vom 10.1.2008, Az. VII 75/2005 rkr) hat die vermieteten Praxisräume dem notwendigen Betriebsvermögen seiner Apotheke hinzuaddiert. Zum notwendigen Betriebsvermögen zählen alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden. Die Praxisräume befanden sich im Streitfall im selben Gebäude wie die Apotheke.
Steuerverhaftung
Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens sind regelmäßig steuerverhaftet. Werden diese aus dem Betriebsvermögen wieder entnommen oder wird der Betrieb aufgegeben, fallen im Regelfall stille Reserven an. Diese erhöhen den steuerpflichtigen Gewinn. Die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen der Apotheke (Gewerbebetrieb) hat auch zur Folge, dass die Mieteinkünfte der Gewerbesteuer unterliegen. Die vom Apotheker an den Bundesfinanzhof gerichtete Revisionsbeschwerde blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 25.2.2009, X B 44/08).
Stand: 4.8.2022
(N) Elektronische AU-Bescheinigung
AU-Bescheinigung
Die Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wurde bereits 2019 mit dem „Dritten Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ (BEG III, BGBl 2019 I S. 1746) und dem „Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (7. SGB IV-ÄndG, BGBl 2020 I S. 1248) beschlossen. Offizielles Startdatum war der 1.1.2022. Die Pilotphase zur Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) hätte bereits zum 30.6.2022 enden sollen. Doch viele Arztpraxen hinken mit der technischen Ausstattung und Umsetzung für eine elektronische Übermittlung an die Krankenkassen hinterher. Deshalb wurde die Pilotphase vor Kurzem bis Jahresende 2022 verlängert.
Digitaler Datenabruf
Die Pflicht für Arbeitgeber zum elektronischen Datenabruf bei den Krankenkassen der Arbeitnehmer beginnt demzufolge erst ab dem 1.1.2023. Arbeitnehmer erhalten auf Wunsch weiterhin einen Papierausdruck ihrer AU-Bescheinigung, Sie müssen diesen ab Beginn des nächsten Jahres weder der Krankenkasse schicken noch dem Arbeitgeber vorlegen. Allerdings bleibt Arbeitnehmern die Pflicht, ihre Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren.
Stand: 4.8.2022